Nach dem verpatzten Oberliga-Auftakt gegen Coswig reiste ASP zur ersten Doppelrunde der Saison nach Löberitz, wo Samstag zunächst der Gastgeber und Sonntag der USV Halle die Gegner waren. ASP trat erstmals in der Saison mit Neuzugang Jaroslav Bures und mit Milan Orsag an. Vardan Hovsepyan fehlte erneut.
Bei der SG Löberitz fehlten am Samstag Stein, Pröhl, Schuster und Kalkhof, so dass nominell ein ausgeglichenes Match erwartet werden konnte. ASP war jedoch das ganze Match über irgendwie weg vom Fenster, mit anderen Worten: der Samstag war leider eine sehr trübe Angelegenheit. Bereits nach 3½ Stunden stand es schon 0:2. Milan Orsag hatte im Königsinder als Weißer lang rochiert. Schwarz reagierte maximal aggressiv und riss das gesamte Zentrum auf. Milan investierte Unmengen an Bedenkzeit, sein Angriff am Königsflügel kam nicht in Gang. Als er es dennoch versuchte, opferte Schwarz eine ganze Figur und es wurde extrem unübersichtlich. Ob das Opfer korrekt war, vermag man unmöglich zu sagen. Effektvoll und hübsch anzusehen war es allemal und mit drei Minuten Restbedenkzeit für zehn Züge wohl auch sehr, sehr schwer zu verteidigen. Ein flotter Angriffssieg und der frühe Rückstand für ASP. In diesem Zusammenhang empfiehlt der Berichterstatter auch die sonntägliche Partie des Löberitzer dritten Bretts, in der der schwarze König nach einem Turmopfer auf g7 schlussendlich auf a4 mattgesetzt wurde. Sibylle Heyme hatte als Schwarze eine thematische Pirc-Partie auf dem Brett. Die Motive ähnlich wie im Ben-Oni. Beim Kiebitzen stellte man nichts Ungewöhnliches fest. Als sich die Stellung öffnete, übersah Sibylle jedoch etwas Taktisches und ihr wurde eine Figur für nichts abgenommen, 0:2. An den übrigen Brettern sah es mal gut, mal schlecht aus, in jedem Fall stand da aber so wenig, dass der Kampf bereits gelaufen war. Nicht viel Aufregung beim Berichterstatter: Sweshnikow wurde aufgetischt, die Gegnerin scheute das letzte Risiko, so dass die Partie alsbald verflachte, und ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern entstand, Remis. Alexander Grohmann spielte mit Weiß einen geschlossenen Sizilianer mit Lb5 und folgendem Einschlag auf c6. Anschließend setzte er den Gegner schön unter positionellen Druck. Dieser konnte sich nie richtig konsolidieren. Als es soweit war, die Früchte durch einen ordentlichen Königsangriff einzusammeln, versagten Alex die Nerven. In aufkommender Zeitnot wiederholte er die Züge zum Remis. Schade, der letzte Punch und der Siegeswillen fehlten, diese Stellung war gewonnen. Klaus-Dieter Kesik hatte als Schwarzer im Franzosen lang rochiert und das Zentrum komplett geschlossen. Leider ließ er einen Springereinschlag auf d5 zu und verlor in der Folge zwei Bauern für deutlich zu wenig Kompensation. Sein Gegner wickelte in der Folge alles routiniert in ein gewonnenes Turmendspiel ab. Damit stand es nach der Zeitkontrolle 1:4 und in den verbleibenden drei Stellungen standen selbst mit Fanbrille nur 2½ Punkte auf dem Brett. Gegen Günther Jahnel sollte man als Schwarzer nicht unbedingt Wolga-Gambit spielen, da kennt er sich einfach zu gut aus. Günther agierte standardmäßig, wehrte erst alle Drohungen am Damenflügel ab, indem er einen Springer auf b5 plombierte. Als alle schwarzen Figuren am Damenflügel standen, folgten der sauber vorgetragene Königsangriff und der sicher herausgespielte volle Punkt. Jaroslav Bures spielte eine merkwürdige Partie, gefühlt stand er bereits ausgangs der Eröffnung auf Gewinn. Er hatte im Grünfeldinder einen Zentrumsdurchbruch gestartet. Sein Gegner hatte mit Fesselungsmotiven zu kämpfen. Jaroslav konnte mehrfach günstige Abwicklungen mit Übergang in ein Endspiel mit Mehrbauern erzwingen, wollte aber wohl den Druck aufrechterhalten. Später kam aber trotzdem das sich abzeichnende Endspiel mit Mehrbauern, nur jedoch in einer ungünstigeren Version aufs Brett. Der Gegner hatte zwei verbundene Zentrumsbauern für den Minusbauer. Anstatt seine verbundenen Freibauern in Bewegung zu setzen, startete Jaroslav eine längliche Königswanderung von b1 nach e1, nur um dort festzustellen, dass der Marsch keine so gute Idee war und der König wieder zurück watschelte. Inzwischen hatte der Druck im Zentrum so stark zugenommen, dass die Partie sogar noch verloren ging. Ein unglücklicher Einstand. Ilya Spivak zu guter Letzt hatte zügig seine Eröffnung runter geblitzt. Beide Seiten hatten lang rochiert und Ilya für den Geschmack des Berichterstatters reichlich wenig Platz. Angeblich war das alles jedoch völlig ok und die Sorgen unbegründet. Später, als Komplikationen aufkamen, verrechnete sich Ilya allerdings und musste in eine Abwicklung einwilligen, wo seine Gegnerin Turm und zwei Leichtfiguren für die Dame bekam. Damit war die Partie gelaufen, auch wenn sich die Verwertung noch ewig und drei Tage hinzog. Endstand 2:6, sicher ein bisschen zu hoch, leider jedoch völlig verdient. Eine Niederlage, die auch die vielen Ouzos in der gehobenen Wolfener Gastronomie nicht schöner werden ließ.
Am Sonntag ging es gegen Halle – 15 der letzten 16 Begegnungen endeten remis – und volle Punkte mussten her. Zwei halbe gab es sehr rasch in den eher freundschaftlich geprägten Begegnungen bei Ilya Spivak und beim Berichterstatter. Zwar zwei Weißpartien weg, aber dafür Elo-Vorteile besonders an den vorderen Brettern übrig gelassen. Jaroslav Bures spielte als Schwarzer eine komisch anzusehende Nebenvariante im Caro-Kann. Bereits nach wenigen Zügen kreierte er erste, auf den flüchtigen Blick gut anzusehende Drohungen im Zentrum und am gegnerischen Königsflügel. Er bekam das Läuferpaar und sein Gegner noch eine Bauernschwäche obendrauf. Allerdings war Jaroslav’s Damenflügel völlig unentwickelt, so dass er beim angenommenen Remisangebot nach etwa 20 Zügen wohl schon schlechter stand. Zwischenstand 1½:1½. Milan Orsag hatte ein wirklich gebrauchtes Wochenende erwischt. Entgegen seiner Gewohnheiten spielte er so eine Art Benoni, noch dazu in einer fürchterlich anzusehenden Version. Alsbald hatte er am Königsflügel üble Felderschwächen und man fragte sich, was wohl die Pointe dieses Aufbaus gewesen sein sollte. Vermutlich gab es einfach keine. Man hoffte auf Komplikationen, Zeitnot, Einsteller oder sonst was. Nichts davon trat ein, der Gegner holte sich sicher den vollen Punkt. Schon wieder war ASP im Rückstand und schon wieder sah es nicht besonders gut aus. Günther Jahnel hatte im Pirc bereits nach 16 Zügen nur noch vier Minuten auf der Uhr, gut, dass die Fingernägel eh schon kurz sind. Sein Gegner, mit etwas mehr Zeit ausgestattet, hielt die Partie in positionellen Bahnen, so dass Günther seine Stellung mit wenig Bedenkzeit schnell so umgestalten konnte, dass es nicht mehr so kompliziert aussah. Das dann folgende Remis war angesichts der knappen Zeit angemessen. Alexander Grohmann hatte trotz Ouzo nachts noch den Laptop rausgeholt, um sich auf Najdorf vorzubereiten. Dass die Partiestellung so vorbereitet war, darf bezweifelt werden, nach 20 Zügen sah seine Stellung jedenfalls ziemlich übel aus. Es folgte dann ein 20 Züge andauerndes Zeitnotgehacke im beiderseitigen Inkrementmodus mit noch mehr Garantie für kaputte Fingernägel als an Brett 5. Qualitätsopfer, Figurenopfer, Fesselungen, Mattdrohungen, Schlagserien, alles dabei, was das sonntägliche Nervenkostüm zur Mittagszeit so braucht. Als die 40 auf dem Partieformular aufleuchtete, hatte Alex die Sache gerettet und eine Stellung mit Turm und zwei Bauern für zwei Springer übrig gelassen, die danach überraschend schnell gewonnen war. Alex damit mit seinem ersten Oberligasieg, was der Mannschaft den 3:3 Zwischenstand einbrachte. Die noch laufenden Partien von Sibylle Heyme und Klaus-Dieter Kesik mussten die Entscheidung bringen. Sibylle hatte eine ruhige Eröffnung gespielt. Man wunderte sich, dass nicht schon nach 20 Zügen remis vereinbart wurde. Es lag wohl an Sibylles schlechter Zeit. Überraschenderweise konnte Sibylle aus der ausgeglichenen Stellung noch etwas interessantes rauspressen. Wahrscheinlich war es aber nicht mehr als ein optisch ansehnlicheres Turmendspiel, was dann doch Remis war. Klaus-Dieter Kesik’s Vorbereitung war zwischen Ouzo n und Ouzo n+1 mit 1.d3 und gucken abgeschlossen. Es entstand eine recht symmetrische Stellung, in der sich beide königsindisch hinstellten. Die Stellung war wohl ausgeglichen. Klaus-Dieter geriet in dem Bemühen, Komplikationen zu kreieren, leider auf Abwege. Ein im Zentrum schutzlos gewordener Bauer wurde eingesammelt und das Endspiel mit Minusbauern war technisch verloren. ASP hatte damit 3½:4½ verloren. Eine blöde Niederlage, die ASP tief in den Tabellenkeller spült. Da die Gegner nicht unbedingt leichter werden, steht der Lausitz wohl eine Saison mit schmutzigem Abstiegskampf bevor.
Robert Böhm