Bei der letzten Oberliga-Doppelrunde der Saison 2014/15 fanden die heißesten Duelle am Standort Hoyerswerda statt. Einzig für ASP I ging es dabei nur noch um die Goldene Ananas. AE Magdeburg wollte den Aufstieg in die zweite Liga perfekt machen und zwischen Rochade Magdeburg und Coswig bahnte sich ein Abstiegsendspiel an. Beide Magdeburger Mannschaften reisten mit voller Kapelle an. AE Magdeburg mit neun Spielern plus Betreuer, Rochade mit fast allen Legionären und FM Stolz. Klare Botschaft an die sächsischen Kleinstadtvereine: Wir wollen hier nichts mehr anbrennen lassen.
Ouvertüre: Die Samstags-Runde
Zu AEM-Coswig sollte man aus Höflichkeit besser schweigen. Nach zwei Stunden Spielzeit sahen da alle Stellungen noch ganz passabel aus. Warum es dann zum Schluss so endete, wie es endete: manchmal hat man einfach kein Glück.
Auch die Hoyerswerdaer Performance muss man als unglücklich einschätzen. Am ersten Brett gab es zu Beginn ein relativ ereignisarmes Remis. Die Saisondebuttanten Reiner Nestler und Rudi Geracik quittierten vermeidbare Niederlagen. Reiner Nestler stand ausgangs der Eröffnung ziemlich gut und brachte gegen seinen favorisierten Gegner sogar ein Springeropfer, was sehr vielversprechend aussah. Leider übersah er kurz danach einen Konter und verblieb mit Materialnachteil. Rudi Geracik lehnte zwei Remisangebote ab und überzog am Ende ein glatt remises Turmendspiel, was ASP einen ½:2½ Rückstand bescherte. Kurz vor der Zeitkontrolle gewann Günther Jahnel mit Schwarz eine Wolga-Gambit-Partie in seinem typischen Stil und auch Vardan Hovsepyan konnte die feste Verteidigungsposition seines Gegners knacken, so dass der Ausgleich hergestellt wurde. Milan Orsag konnte in einem Springerendspiel keine Fortschritte machen und gab die Partie remis zum 3:3 Zwischenstand. Es liefen noch die Partien von Klaus-Dieter Kesik und Robert Böhm. Letzterer hatte mit Schwarz leicht ausgeglichen und übernahm danach die Initiative bei ungleicher Materialverteilung (Turm und 2 Bauern gegen Läufer und Springer). Nach der Zeitkontrolle ließ Robert zweimal den Gewinn aus, danach war die weiße Festung nicht mehr so leicht zu knacken. Remis infolge ausgehender Ideen und knapp werdender Bedenkzeit. Klaus-Dieter Kesik hatte eine wilde Stellung auf dem Brett, die vermutlich gewonnen war, vielleicht aber auch nicht. Bei beiderseitig knapp werdender Zeit hatte sein Gegner am Ende den stärkeren der ungleichfarbigen Läufer und die Mattdrohungen waren nicht mehr zu parieren. Endstand: ein unglückliches 3½:4½, was für Hoyerswerda nicht sonderlich ins Gewicht fiel, für Coswig dagegen umso mehr.
Finale: Die Sonntags-Runde
Die Ausgangslage am letzten Spieltag war klar. AE Magdeburg reichte ein 4:4 zum Aufstieg. Coswig musste gegen Rochade Magdeburg gewinnen, ein 4:4 war aufgrund der Hoyerswerdaer Niederlage zu wenig. Die Ausgangslage versprach einen Großkampftag vom Feinsten und die Hoffnungen wurden nicht enttäuscht: Spielen bis zum Matt und zum blanken König sowie Zeitüberschreitungen, alles war dabei.
Zunächst zum Aufstiegskampf. Bei Heinemann-Böhm gab es eine theoretische Neuerung im 25. Zug – so viel zum Niveau der Oberliga-Vorbereitung im Jahre 2015. Vor die Wahl gestellt, Königsangriff oder Übergang ins Endspiel, wählte Robert die falsche Idee, der Königsangriff funktionierte einfach nicht. Kurze Zeit später war es schon vorbei, 0:1. Milan Orsag konnte den Ausgleich für ASP wiederherstellen. Er überspielte seine Gegnerin fein im Mittelspiel. Günther Jahnel brachte ASP dann sogar in Führung, er krönte seine Super-Saison mit einem feinen Weiß-Sieg im Königsinder. Klaus-Dieter Kesik war im Mittelspiel eine Qualität abhandengekommen. Er versuchte sich offensiv zu verteidigen, aber ein Springer auf a8 brach ihm letztendlich das Genick. Zwischenstand nach der Zeitkontrolle: 2:2. Bei Coswig-Rochade stand es nach der Zeitkontrolle 1½:2½ und ein Rundgang lies bei bestmöglichem Verlauf lediglich ein 4:4 für Coswig erwarten. War das schon das Ende?
Bei ASP-AEM standen vier komplexe Endspiele auf den Brettern. Vardan Hovsepyan hatte ein Endspiel Läufer gegen Springer mit Minusbauern zu spielen. Just in dem Moment, wo er schon fast den Remishafen ansteuerte, übersah er einen letzten taktischen Trick und verlor unglücklich. Jiri Lechtynsky hatte gegen AEM’s Überraschungs-Spitzenbrett einen schweren Stand. Das Turm-Springer-Endspiel sah langweilig aus, war es aber nicht. Im schlechteren Endspiel verteidigte sich Jiri umsichtig und konnte am Ende die Stellung sogar noch beinahe in eine Gewinnstellung verwandeln. Das Material war aber schon zu reduziert. Remis am Ende – 2 blanke Könige auf dem Brett. Rüdiger Schuh hatte ebenfalls ein Turm-Springer-Endspiel zu spielen, was kurz vor der Zeitnot sogar Gewinnpotential aufwies. Im Endspiel verlor Rüdiger allerdings völlig den Faden und wurde am Ende matt gesetzt. Schlussendlich verlor auch noch Roland Graf. Im Mittelspiel hatte Roland einen Turm geopfert und ging auf den gegnerischen König los, ob korrekt oder nicht ist schwer zu sagen. Der Angriff schlug allerdings nicht durch und es verblieb ein Endspiel mit 2 Bauern gegen Läufer, was Rolands Gegner sicher verwertete. Am Ende stand eine 2½:5½ Niederlage, die wohl eine Spur zu hoch ausfiel. Der Aufstieg der Magdeburger war aber vermutlich zu keiner Zeit ernstlich gefährdet. Glückwunsch an die Magdeburger.
In der Zwischenzeit konnte Coswig zum 3:3 ausgleichen durch einen Sieg von Ecki Pönisch. 1½ Punkte aus den zwei verbliebenen Partien waren aber beim besten Willen nicht drin. Beide Coswiger verloren jeweils Endspiele, die vermutlich remis waren. Die letzte Partie endete durch ZÜ der Coswiger. Damit war der unglückliche Coswiger Abstieg besiegelt und Rochade konnte die Korken knallen lassen.
Saisonfazit:
Platz 7 für ASP. Negative Mannschaftspunkte bei positiven Brettpunkten. Vier 3½:4½ Niederlagen, mehr hat nur Chemnitz, sowas kann auch mal nach hinten losgehen. Hoffentlich haben wir nächstes Jahr mehr Fortüne. Der positive Brettpunkte-Score geht fast ausschließlich auf das Konto von Günther Jahnel, der mit 9/11 eine spektakuläre Performance lieferte. Neuzugang Vardan Hovsepyan mit einem vernünftigen Einstand in der Hoyerswerdaer Mittelachse. Der Rest der Mannschaft mehr oder weniger Mittelmaß – wie der Tabellenplatz – bei einem Score zwischen +1 und -1. Nächstes Jahr wird alles besser.
Röbert Böhm