Nachdem ASP I am letzten Spieltag die Klasse gesichert hatte, ging es am 9. Spieltag zum Tabellenführer nach Plauen. Die letzten beiden Begegnungen gegen die Vogtländer endeten 4:4 und 5:3 für ASP. Trotz der Plauener Tabellenführung also nicht unbedingt ein hoffnungsloses Unterfangen für Hoyerswerda.
Die Begegnung begann mit einem schnellen Remis an Brett 2. In einer Theoriestellung im Englischen wurde sehr schnell sehr viel abgetauscht. Manchmal kann man eben mit Schwarz nicht viel machen, meinte Ilya Spivak. Kurze Zeit später zog Jiri Lechtynsky nach. Tarrasch-Eröffnung hier, beide Seiten entwickelten sich normal. Nach einem Generalabtausch der Leichtfiguren blieb eine symmetrische Stellung mit Schwerfiguren plus ungleichfarbige Läufer übrig und Jiri zog es an die frische Luft. Der Berichterstatter sah sich im Rossolimo-Sizilianer mit dem frühzeitigen Bauernvorstoß g4 konfrontiert, reagierte aber instinktiv richtig und konnte schnell ausgleichen. Tatsächlich hatte Robert Böhm danach bereits leichten Vorteil, war sich der Sache allerdings nicht bewusst. Kurze Zeit später gab es den Remisschluss in komplett blockierter Stellung. Vardan Hovsepyan wurde schon früh sehr kreativ. In der Hoffnung, den in der Mitte stehen gebliebenen König und die auf die falsche Seite entwickelten Figuren sofort zu attackieren, kam auch ebenfalls ein frühes g4, hier jedoch als echtes Bauernopfer. Noch keine 10 Züge gespielt, wurde es schnell wild. Springer schlugen gleichzeitig auf g7 und h2 ein. Leider hatte Vardans Berechnung ein Loch, ein hässlich aussehender kleiner Läuferzug machte den Weg für die schwarze Dame frei und kurze Zeit später standen all drei schwarzen Schwerfiguren auf der g- und h-Linie und machten Druck. Was so übel aussieht, ist es meistens auch. Vardan verkomplizierte die Sache, opferte eine Qualität und hoffte auf die gegnerische Zeitnot. Der schwarze unrochierte König spazierte in der Folge bis nach a8. Vardan hatte zwar das Materialgleichgewicht wieder hergestellt, aber Schwarz hatte genug Tricks, um recht leicht in ein gewonnenes Endspiel abzuwickeln, was er trotz knapper Zeit sicher verwertete. Plauen damit mit 2½:1½ in Führung. Der spielentscheidende Fehler lag hier wohl schon in der Eröffnung. Dennoch konnte ASP noch auf Mannschaftspunkte hoffen, denn in drei der vier laufenden Partien hatten die Hoyerswerdaer bessere Stellungen. Nahezu gleichzeitig endeten alle vier Partien, zeitweise in horrender Zeitnot. Roland Graf hatte seinem Gegner in einer recht normalen Französisch-Position einen Bauern auf b7 stibitzt. Dessen Kompensation für den Bauern war ein bisschen Raumvorteil, aber sonst nicht viel. Irgendwann, bei ca. 1 Minute Restbedenkzeit für ca. 10 Züge, setzte beim Gegner die Panik ein, er opferte eine Figur auf f2 und entweder es war nicht genügend Zeit da, die taktischen Verwicklungen zu Ende zu bringen oder es gab schlichtweg keine. Roland glich mit seinem ersten Saisonsieg damit zum 2½:2½ aus. Pechvogel des Tages war Günther Jahnel. Seine Partie eigentlich wie aus einem Guss. Im Nimzo-Inder mit dem Läuferpaar Druck gemacht, einen Bauern geopfert, dafür dem Gegner die Rochade unmöglich gemacht. Irgendwann sah es so aus, als seien alle schwarzen Figuren entweder gefesselt oder auf einem unglückseligen Feld postiert. Einziges Manko: dafür hatte Günther bis zum 20. Zug schon seine ganze Bedenkzeit bis auf 10 Minuten aufgewendet. In einer Stellung, wo fast jeder Zug gut war, opferte Günther noch eine Figur – vermutlich sogar korrekt – für noch mehr Druck. Ab hier war es eine klassische 15zügige Zeitnotbattle. Der Gegner gab eine Qualität zurück, um sich zu befreien, die Hälfte aller Figuren hingen und plötzlich standen alle Figuren von Günther falsch. Unter einem Springeropfer konnte der Gegner zum Konter ausholen und Matt setzen. Eine bittere Niederlage, die das Match entschied. Inzwischen hatte Klaus-Dieter Kesik seine Stellung auch verdorben. Die Partie für seine Verhältnisse eher ruhig, die Stellung halbwegs symmetrisch und auf den ersten Blick ausgeglichen. Der Gegner mit einem Bauernvorstoß bis h6. Als Klaus-Dieter den Bauern lang und mühselig abholen wollte, übersah er auf der entgegengesetzten Brettseite einen unscheinbaren Läuferzug und danach brach die Stellung wie ein Kartenhaus zusammen. Plauen damit 4½:2½ vorn. Sybille Heyme hatte in der Eröffnung eigentlich alles richtig gemacht und recht frühzeitig mit Schwarz einen Bauern gewonnen. Im entstandenen Endspiel war also lediglich noch saubere Technik erforderlich. Auch hier in Zeitnot aber zu viele Ungenauigkeiten, irgendwann war der Mehrbauer wieder weg und kurz vor der Zeitkontrolle warf Sybille die Partie einzügig weg. Auch hier war deutlich mehr drin. Am Ende stand eine wohl etwas zu hohe 2½:5½ Niederlage zu Buche, verbunden mit der Erkenntnis des Unterschiedes zwischen einer Spitzenmannschaft und einer Mittelklassemannschaft: die Spitzenmannschaft nutzt ihre Chancen, wenn es drauf ankommt.
ASP damit bei 9:9 Mannschaftspunkten. In der letzten Doppelrunde gegen Dessau und Löberitz geht es damit noch um die goldene Ananas sowie die jeweiligen persönlichen Saisonbilanzen.
Robert Böhm